Freistundenhof
Gruppenraum

Entsprechend der Rahmenkonzeption Sozialtherapie für NRW wird in den sozialtherapeutischen Abteilungen mit erhöhtem Personalschlüssel in einem interdisziplinären Behandlungsteam (allgemeiner Vollzugsdienst, Sozialdienst, Psychologischer Dienst) intensiv an der Verringerung des individuellen Rückfallrisikos von inhaftierten Straftätern gearbeitet. Vorrangig werden Straftäter mit Sexualdelikten und/oder Gewaltdelikten behandelt. Es soll verhindert werden, dass die inhaftierten Täter erneut Straftaten zum Schaden früherer oder weiterer Opfer begehen.

Die sozialtherapeutische Abteilung in der JVA Aachen hat ihre Wurzeln in der früheren JVA Düren und gehört damit zu den ältesten Sozialtherapien in NRW. In der JVA Aachen besteht sie seit 1996. Zunächst umfasste sie 17 Behandlungsplätze. Vor dem Hintergrund des „Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten“ vom 26.01.1998 wurde die Anzahl der Behandlungsplätze im Jahr 2003 zunächst auf 35 erhöht. Nach einem Umzug der Abteilung in das aktuelle Hafthaus wurde die Anzahl der Behandlungsplätze auf 34 reduziert.

Seitens der hiesigen sozialtherapeutischen Abteilung besteht eine nahezu vollständige Trennung von den Inhaftierten der umgebenden Anstalt, damit ein offenes Einlassen der zu Behandelnden auf die Arbeit an ihren jeweiligen Straftaten gefördert und verdeckte regelwidrige Aktivitäten („Subkultur“) weitgehend verhindert werden können. Es gibt einen abteilungseigenen Werkbetrieb und einen eigenen Freistundenhof mit Gartenanlagen. Für die Durchführung von Besuchen, bestimmte Sportangebote, die Religionsausübung und ausgewählte Freizeitangebote werden Räumlichkeiten der umgebenden Anstalt mitgenutzt.

Innerhalb der sozialtherapeutischen Abteilung wird versucht, die dortigen Lebensbedingungen - im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten und Grenzen in einer Justizvollzugsanstalt - so weit wie möglich den Erfordernissen einer Lebensgestaltung in der Außenwelt anzugleichen. Die Inhaftierten (intern „Bewohner“ genannt) leben unter den Bedingungen einer offenen Wohngruppe, in der sie eine Vielzahl alltagsnaher Verrichtungen selbständig durchführen können. Sie gehen in der Regel einer tagesstrukturierenden bezahlten Beschäftigung nach, sie erfüllen im Abteilungsalltag notwendige Pflichten, sie können abteilungsintern mit anderen Inhaftierten Kontakte eingehen und gestalten ihre Freizeit jenseits von Angeboten der Abteilung selbständig. Wenn Behandlungsgründe dem nicht entgegenstehen, bestehen vielfältige Möglichkeiten, externen Besuch zu erhalten oder anderweitig Kontakt mit externen Personen zu pflegen.

Die intensive sozialtherapeutische Behandlung setzt bei den inhaftierten Tätern eine Bereitschaft zur selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Hintergründen ihrer Straftaten und zu einer intensiven Arbeit an rückfallpräventivem Denken und Handeln voraus. Die diesbezüglichen Behandlungsangebote umfassen psychologische Einzelgespräche, regelmäßige Gespräche mit dem jeweils zuständigen Mentor / der zuständigen Mentorin, themenoffene Behandlungsgruppen, deliktorientierte Gruppen, Gruppen zur Förderung sozialer Kompetenzen und zur Wissensvermittlung, sowie in der Regel eine tagesstrukturierende Beschäftigung in einer gesonderten Werkhalle mit den Schwerpunktbereichen „Holz“, „Metall“ oder „Ton“. Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Arbeitseinsatz auch im Gartenbereich innerhalb der Umwehrungsmauer möglich. Ergänzend werden seitens des Behandlungsteams auch verschiedene Freizeitaktivitäten angeboten.

Die sozialtherapeutische Abteilung ist bestrebt, ihr Behandlungsangebot stetig zu modernisieren und durch neue, sinnvoll erscheinende Angebote zu ergänzen.

Auch wenn bei Sexualstraftätern und Tätern mit schweren Gewaltdelikten in der Regel die Einweisung in eine sozialtherapeutische Abteilung geprüft wird, so ist der Verbleib in der Abteilung freiwillig und kann jederzeit vom Inhaftierten, oder aus gegebenen Gründen auch vom Behandlungsteam beendet werden. In diesem Fall erfolgt eine Rückverlegung in die für den Inhaftierten zuständige Justizvollzugsanstalt.

Wenn das Verhalten und die Entwicklung der Inhaftierten in der sozialtherapeutischen Behandlung dies zulassen, wird angestrebt, mit diesen auch im Rahmen von Vollzugsöffnenden Maßnahmen („Lockerungen“) an der Übertragung der Behandlungsergebnisse in die Außenwelt zu arbeiten. Gemeinsam mit den Inhaftierten wird auch im Rahmen von Vollzugsöffnenden Maßnahmen versucht, möglichst langfristig ausreichend stabilisierende, unterstützende und auch kontrollierende Rahmenbedingungen für die Zeit nach der Entlassung vorzubereiten.

Die sozialtherapeutische Entlassungsvorbereitung kann die Suche nach einer geeigneten Wohnung oder Wohneinrichtung, die Schaffung von Möglichkeiten einer Weiterbehandlung, die Suche nach einer tagesstrukturierenden Beschäftigung, nach sozialen Kontaktmöglichkeiten und sinnvollen Freizeitangeboten umfassen, daneben die Unterstützung beim Umgang mit nach der Haft zuständigen Behörden und Einrichtungen. Wenn tragfähige soziale Kontakte bestehen und dies zur rückfallpräventiven Stabilisierung sinnvoll erscheint, wird versucht, die betreffenden Personen in die Entlassungsvorbereitungen einzubeziehen. Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit, mit den zu entlassenen Inhaftierten eine zeitweilige individuelle Nachsorge durch die sozialtherapeutische Abteilung zu vereinbaren.